Lerntherapie in der Corona Zeit – Online?

Lerntherapie in der Corona Zeit

In der Zeit des Corona-bedingten Lock-Downs in Deutschland, in welcher die Schulen geschlossen und Kontakte beschränkt wurden, war eine reguläre Lerntherapie nicht möglich. 

Aus dieser Situation heraus, entwickelten wir eine online-Version unserer Lerntherapie. Auf diesem Wege konnte die Lerntherapie fortgesetzt werden. Für alle, die auch aus anderen Gründen eine Therapiestunde im digitalen Raum nutzen wollten, von zuhause aus stattfinden.  

Heute haben wir eine unserer Therapeutinnen – Frau Reichmeier – und eines der Kinder, welches bei ihr in Therapie ist, gefragt, wie ihre Erfahrungen damit sind. 

„Die Online-Therapie war tatsächlich besser als wir alle vermutet und erwartet haben. Es war zu Beginn eine kleine Hürde. Vorher gab es die Lerntherapie nur analog, von Mensch zu Mensch im physisch geteilten Raum. Die online-Therapie wurde zunächst allen Beteiligten vorgeschlagen. So gut wie alle Kinder und Elternteile haben das Experiment mit uns gewagt und mittlerweile hat sich das online-Format etabliert. Nach dem Lock-down wurde die digitale Version weiterhin bei Bedarf gern genutzt, parallel zur Lerntherapie vor Ort. Ich sehe darin die Möglichkeit, eine Alternative zur Therapie vor Ort zu behalten. Ich möchte diese jetzt nicht mehr missen.“

Max, eines der Kinder, das im Institut seit anderthalb Jahren bei Frau Reichmeier in der Lerntherapie für LRS ist. Er äußert sich zur LRS-Therapie allgemein, sowie auch zur online-Therapie: 

„Vor der Lerntherapie hatte ich wegen meiner LRS häufig Ausraster. Die waren noch ok, gingen nicht zu weit, aber ich war schon häufig beleidigt, wenn man mich mit meiner LRS geärgert hat. Das hab ich jetzt nicht mehr. Ich merke auch: in der Rechtschreibung hat sich was verändert. Ich schreibe zwar jetzt nicht sofort richtig. Wenn ich aber darauf achte und den Text nochmal überprüfe, dann kenne ich halt die ganzen Regeln und weiß, wie es richtig geschrieben wird.“

Max ist heute auf einem Gymnasium und kann sein Potential ausschöpfen. Seine Mutter erinnert sich an die schwierige Zeit vor der Lerntherapie: 

„Es war einfach immer großer Frust bei ihm da, weil wir haben ja auch immer zuhause geübt. Man kriegt ja dann auch immer wieder die Rückmeldung ‚es funktioniert nicht‘. Wir haben ja auch angefangen zuhause Diktate zu schreiben und so weiter und haben dabei einfach irgendwann gemerkt: Es bringt einfach nichts.

Wir haben immer weiter geübt und geübt und er hat sich Mühe gegeben und konzentriert. Dann hat es hier und da für einen Augenblick funktioniert und danach war es einfach wieder genau wie vorher. Es war einfach alles komplett rot. Wenn man dann auch noch so jemanden hat, der gerne gute Noten schreibt – und er ist sehr kreativ und phantasievoll – dann hat man da in Deutsch einfach mal im Ausdruck eine 1 und in Rechtschreibung 6. Insgesamt wird es dann gerade einmal eine 3 und das ist natürlich ärgerlich. Und das ist auch auf alles andere, was er eigentlich immer konnte, übergeschwappt. Er dachte so in der Richtung: Ich kann Rechtschreibung nicht, also bin ich eh für nichts zu gebrauchen.“

Die Erfolge der Online-Lerntherapie

Bei der Lerntherapie hat Max durch eigene Erfolge sein Selbstbewusstsein wiedererlangt. Als nun die Frage aufkam, ob er die Therapie wegen Corona online weitermachen möchte, hatte er den Mut, einen Schritt ins Neue zu wagen. Unsere Therapeutin war zunächst skeptisch, ob es möglich ist neue Rechtschreibstrategien zu erarbeiten, wenn man nicht nebeneinander sitzt und war auch gespannt auf die Bereitschaft von Max und den ersten Resultaten. 

Insbesondere bei ihm standen Kind und Therapeutin gerade vor einem wichtigen Schritt: Das Thema Mitlautverdopplung stand bevor. Es war für Max ein wichtiges Anliegen, dieses Thema trotz der Umstände rundum Corona weiterzukommen und seine Bereitschaft war damit gegeben.

Das Ergebnis beschreibt unsere Therapeutin folgendermaßen:

„Es hat super geklappt. Er hat sich das Thema praktisch wie von selbst erarbeitet, ich habe wirklich nur den Rahmen vorgegeben, genau wie in unserer Therapie vor Ort und er ist von alleine auf die richtige Strategie gekommen. Danach war ich wie beflügelt… ich wusste: Ok, online Therapie klappt. Ich war so ermutigt, dass ich mich dann auch getraut habe, es mit den anderen Kindern online zu versuchen.“

Doch das war nicht die einzige Überraschung, die in der online Therapie aufgrund von Corona mit Frau Reichmeier aufgefallen ist. Auch für viele Schüler hat sich einiges verändert:

„Bei vielen Kindern habe ich erlebt, dass sie ein Stück autonomer geworden sind, durch dieses Gefühl von „ich bin zuhause und kann dir auch mein zuhause zeigen. Viele Kinder haben als erstes den Laptop in die Hand genommen und mich durch die Räumlichkeiten geführt, mir gesagt wo sie heute arbeiten möchten und wo beim nächsten Mal.

Es gab auch eine größere Autonomie was die Zeiten anging. Meistens waren es die regulären Zeiten, zu denen wir uns online getroffen haben. Manchmal waren diese aber aus irgendwelchen Gründen nicht haltbar, sodass die Kinder selbständiger auf mich zugegangen sind und gesagt haben: In der Woche geht‘s nur Montag, könnte dir diese Zeit vielleicht besser passen? Solche Arrangements für das ‚Treffen‘ im digitalen Bereich und im direkten Kontakt mit mir, hat sie selbständiger agieren lassen. Damit haben sie häufig einen großen Sprung gemacht. In der regulären Therapie brachten sie ihre Eltern und Verabredungen liefen auch nur über die Eltern, nun lief es anders. Sie haben sich das eingeteilt und haben selbst ganz frei eingefordert, wann sie da vor dem PC mit mir gerne arbeiten möchten. Das war eine Erfahrung für mich als Therapeutin, die… ja, einfach sehr schön war.“

Max‘ Fazit

Die Erfolge der Lerntherapie wegen Corona in den letzten anderthalb Jahren fasst Max, wie folgt, selbst zusammen: 

„Man hat sich daran gewöhnt, (dass) wenn man ein Diktat zurückbekommt, dass das alles rot ist. Wenn man dann sein erstes Diktat zurückbekommt, wo einfach viel mehr Papier zu sehen ist, als alles nur in rot, dann ist das schon so…ja… ein schönes Gefühl.“ 

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