Mit dem Schritt in die sogenannte „Schriftkultur“ eröffnen sich für Kinder ganz neue Welten. Was genau bedeutet das und warum ist dies ein so wichtiger Prozess? Um dies zu beantworten, lohnt es sich vorher noch in unseren vorherigen Beitrag zum Thema Sprechenlernen hineinzuschauen. Wie schon dort werden die hier besprochenen Inhalte auch im Folgenden durch Erkenntnisse aus Gesprächen zwischen Kolleg*innen der Duden Institute und Dr. Michael Ritter (Professor für Grundschuldidaktik Deutsch an der Martin Luther Universität Halle Wittenberg) unterstützt.
Teilhabe
Das Eröffnen neuer Welten kann man in der Regel in zwei Richtungen interpretieren. Zum einen bedeutet der Schriftspracherwerb Teilhabe zu gewinnen. Mit der Fähigkeit Schrift zu benutzen, gewinnen Kinder die Möglichkeit in den Strukturen, in denen unsere Kultur und unsere Gesellschaft funktionieren, aktiv teilzunehmen. Mittlerweile funktionieren die allermeisten sozialen Interaktionen irgendwie auf Schrift-, Bild-, und Audioebenen. Um die Schriftebene kommt man in der Regel jedoch nicht drum herum. Zumindest auf basaler Ebene muss man schriftsprachlich aktiv sein können, um auch digitale Medien nutzen zu können und an ihnen teilzuhaben. Auch wenn in der Vergangenheit die Vermutung aufkam, dass die Schriftkultur mit dem Anstieg der audiovisuellen Medien verschwinden könnte, so weiß man heute, dass dies ein Trugschluss war und die Schrift eher nochmal gestärkt wurde.
Der Blick nach Innen
Es gibt aber noch eine zweite Richtung, in dem das „Eröffnen einer neuen Welt“ interpretiert werden kann. Dies ist nämlich der Blick nach Innen. Schrift ist nicht nur eine Möglichkeit, um als Individuum mit der eigenen Welt in Kontakt zu treten, sondern Schrift verändert einen auch. In dem Moment, in dem man anfängt nicht nur mündlich, also mündlich-sprachlich zu denken, sondern auch schriftsprachlich zu denken, beginnt ein Prozess der Umorganisierung des gesamten Denkapparats. Mit der Schrift entsteht sozusagen im Kind in zunehmendem Maße auch die Fähigkeit Gedanken in einer linearisierte Form zu denken. Dies zwingt uns unser mitunter sehr diffuses Denken ganz streng in eine Reihenfolge zu bringen und Struktur zu schaffen.
Lernschwierigkeiten beim Schriftspracherwerb
Dieser Schritt in die Schriftkultur und damit zur Bildungssprache fällt jedoch nicht jedem Kind leicht. Doch es gibt drei Punkte, wie sich auch Lese- und Schreibmuffel motivieren lassen.
Zum einen brauchen diese Kinder feste Strukturen. Das ist ganz wichtig. Regelmäßigkeit ist beim Schrifterwerb des A und O. Hierbei sollten im besten Fall jeden Tag kleine Momente des gemeinsamen Vorlesen oder des gemeinsamen Übens vorkommen. Es gilt also eine Struktur zu schaffen, die verbindlich ist. Das bedeutet, dass die Kinder wissen, dass es jeden Tag vorkommt aber auch, dass sie der Übung nicht hemmungslos ausgeliefert sind. Also, dass sich die Übung nicht Stunden um Stunden hinzieht.
Des Weiteren sind genussvolle Sprachmomente für den schritt in due Schriftkultur wichtig. Das bedeutet für das Kind zum Beispiel zu wissen, dass es sich darauf freuen kann sich auch mal zurückzulehnen und einfach nur zuzuhören, wenn jemand vorliest. Der dritte und ebenso wichtige Punkt ist, dass das Kind persönlich bedeutsame Inhalte zum Üben bekommt. Dinge, die dem Kind wichtig sind und was es interessiert. Diese drei Aspekte sind in Summe ein sehr starker Motor, der bei Kindern, gerade mit Lernschwierigkeiten, ganz zentral ist.
Unterstützung und Tipps für zu Hause
Eine ganz wunderbare Übung ist zum Beispiel das Tandemlesen. Es eignet sich sehr gut für Kinder die noch etwas Schwierigkeiten beim Lesen haben. Beim Tandemlesen lesen Sie gemeinsam mit ihrem Kind. Während Sie lesen führen Sie den Finger oder einen Lesepfeil mit. Wenn ihr Kind sich sicher fühlt, kann es Ihnen ein Zeichen geben. Es tippt Ihnen zum Beispiel auf die Schulter und liest dann alleine weiter. An Übungen wie diesen und noch weiteren bedienen sich auch die Duden Institute für Lerntherapie. Durch individuelle Beratung und Analyse der vorliegenden Lernschwierigkeiten kann den Kindern, die hier zu Besuch kommen ein auf sie zugeschnittener Trainingsplan erstellt werden. Wenn auch Sie mehr zu unserer Arbeit erfahren möchten, können Sie jederzeit unseren Ansprechpartner des Duden Instituts für Lerntherapie in Aachen kontaktieren.