In diesem Beitrag möchten wir uns mit der Wichtigkeit des Sprechenlernens auseinandersetzen. Denn je nachdem welchen „Sprachcode“ ein Kind besitzt, mag es möglicherweise mehr oder weniger Schwierigkeiten haben Lesen und Schreiben zu lernen. Was genau dahinter steckt, wird im Folgenden erklärt. Unterstützt wird der Inhalt dieses Beitrags durch Erkenntnisse aus Gesprächen zwischen Kolleg*innen der Duden Institute für Lerntherapie und Doktor Michael Ritter (hierzu auch gerne in den Podcast reinhören, es lohnt sich!). Dieser ist Professor für Grundschuldidaktik Deutsch an der Martin Luther Universität in Halle Wittenberg. Und er engagiert sich seit Jahren im Bereich Schreib- und Leseförderung, besonders in der inklusiven Schule.
Sprechenlernen
Dem Lesen- und Schreibenlernen geht ein wichtiger Schritt voraus – nämlich das Sprechenlernen. Und schon allein dabei gibt es viele zu überwindende Hürden, auf die wir im Folgenden eingehen möchten. Sprechenlernen an sich passiert ständig und immer dann, wenn Menschen in Interaktion miteinander sind. Das heißt, wenn sie miteinander in Kontakt stehen und sich miteinander beschäftigen. Das kann beispielsweise beim Spielen der Fall sein, beim Ankleiden des Kindes oder wenn man zusammen am Esstisch sitzt. Schwierigkeiten, die später beim Lesen und Schreiben eine Rolle spielen, können bereits hier einen möglichen Ursprung haben.
Die jeweiligen Bezugspersonen eines Kindes (dies können die Eltern, Betreuer*innen aus der Kita, Geschwister, Freunde oder andere Familienangehörige sein) sind gleichzeitig dessen Sprachvorbilder. Dies bedeutet auch, dass ein Kind immer nur so viel lernen kann, wie das Sprachvorbild ihm oder ihr auch tatsächlich anbieten kann. Sollte nun zum Beispiel in einer Familie „wenig Sprache“ existieren, d.h. es wird wenig gesprochen oder nur ein geringer Wortschatz genutzt, dann sind die Möglichkeiten für ein Kind Sprache zu lernen dadurch automatisch eingeschränkt.
Der Sprachcode
Eine zweite große Schwierigkeit, die bei einigen Kindern zu überkommen ist, ist die des Sprachcodes. Das ist genau immer dann der Fall, wenn der Sprachkode der in der Familie herrscht, nicht mit dem Sprachcode des Umfeldes zusammenpasst. Dies kann bei Menschen mit anderen Herkunftssprachen zum Beispiel der Fall sein. Wenn hier die deutsche Sprache nicht als Familiensprache vorherrscht, dann haben Kinder beim Übergang in andere Sprachsysteme natürlich eine besondere Hürde zu überkommen. Mehr als jene die Deutsch bereits von Anfang an sprechen. Vielleicht noch kniffliger ist das in Familien, in denen durchaus Deutsch gesprochen wird aber ein Sprachcode vorherrscht, der nicht dem Sprachcode in anderen Institutionen zugehörig ist. Zum Beispiel herrscht in der Schule weitestgehend eine Bildungs- oder Unterrichtssprache vor, die sehr stark an den Strukturen des Schriftlichen orientiert ist.
In Familien in denen zum Beispiel Literatur und Schriftsprache keine Rolle spielen, wo Eltern nicht stark schriftsozialisiert sind, kann der dort vorherrschende Sprachcode ein späteres Problem für die Kinder beim Schreiben- und Lesenlernen bedeuten. So sprechen diese Kinder zwar auch die deutsche Sprache aber ein anderes Register. Häufig kann man sich mündlich sehr gut mit den Kindern verständigen. In der Schule allerdings können diese Kinder plötzlich nicht die bildungssprachlichen Lernsituationen bewältigen und sind vom Rest der Klasse abgehängt.
Die Hürden überkommen
Damit das nicht passiert sind die Eltern gefragt und natürlich auch andere Bezugspersonen. Sie können das Kind auf zwei Arten beim Sprechenlernen unterstützen und motivieren. Zunächst ist es ganz wichtig mit Kindern sehr viel zu sprechen. Dies ist die allererste und zentralste Regel. Hierbei braucht man erstmal noch kein didaktisches Spielzeug und keine Sprachratgeber. Jedoch ist es wichtig den Kindern eine gute, angemessene Sprache anzubieten, also ein gutes Sprachvorbild zu sein. Zusätzlich ist es wichtig Kinder natürlich sprachlich zu aktivieren, sprich mit Kindern so zu sprechen, dass ein Dialog und ein Austausch entsteht.
Der zweite Aspekt, der dann noch hinzukommt ist das gemeinsame Entdecken von Schriftsprache. Dies geschieht in der Regel vor allen Dingen in Auseinandersetzung mit Kinderliteratur in Form von Vorlesen oder indem man gemeinsam Geschichten erzählt. Das Präsentieren von Schriftsprache, das gemeinsam Entdecken von Schriftsprache in einer sozial-intimen Situation gemeinsam zu zweit oder zu dritt. Dies sind ganz produktive Momente, um Kindern Sprache anzubieten und mit ihnen zusammen Sprache zu erkunden.
Was ist, wenn darüber hinaus Hilfestellung notwendig erscheint. Wenn bestehende Bezugspersonen vielleicht auch eingegrenzt sind in ihren Möglichkeiten einen förderlichen Sprachcode anzubieten? Dann kann es, vor allem wenn bereits deutliche Lernschwierigkeiten beim Kind zu erkennen sind, hilfreich sein professionelle Unterstützung hinzuzuziehen. In den Duden Instituten für Lerntherapie können Sie mit einer Unterstützung wie dieser rechnen. Ausgangspunkt ist eine kostenlose individuelle Beratung der Eltern. In dieser erfragen wir die Probleme des Kindes. Wir erläutern typische Ursachen für spezifische Lernschwierigkeiten und zeigen individuelle Möglichkeiten zu ihrer Überwindung auf. Gerne beratet Sie dazu auch unser Ansprechpartner des Duden Instituts für Lerntherapie in Aachen.