„Lernstörung“, „Lernschwäche“ oder doch „Lernschwierigkeiten“?

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Was hat mein Kind denn nun? Im folgenden Beitrag räumen wir mit dem Begriffs-Wirrwarr auf: „Legasthenie“, „Lese-Rechtschreib-Schwäche, „Rechenschwäche, „Dyskalkulie“, und so weiter. Im Bereich der Lernschwächen tummeln sich jede Menge Bezeichnungen und das sorgt bei Vielen für Verwirrung.

Warum so ein Wirrwarr der Begrifflichkeiten?

Um dies zu erklären erscheint es uns wichtig zunächst organische Krankheiten von Entwicklungsauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen abzugrenzen. Möchte man beispielsweise schauen, ob ein Kind Masern hat, untersucht man, ob entsprechende Viren vorhanden sind, die diese Erkrankung auslösen. Anschließend kann man sagen: „ja, eine Infektion ist vorhanden“ oder „nein, es ist keine Infektion vorhanden“. Dieses Schubladendenken entweder „Ja“ oder „Nein“ führt bei vielen Entwicklungsauffälligkeiten jedoch überhaupt nicht weiter oder entspricht nicht der Realität. So ist es auch bei den Schwierigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen.

Hier existiert ein ganz breites Spektrum von Schwierigkeiten, die unterschiedliche Bereiche betreffen und die in unterschiedlichen Ausprägungen vorkommen. Aus diesem Grund gibt es unter Fachleuten auch unterschiedliche Meinungen, was genau man nun eigentlich mit einem bestimmten Begriff bezeichnen sollte. Zusätzlich sind diese unterschiedlichen Meinungen auch noch davon geprägt, in welchen Bereichen die Fachleute arbeiten. So können Pädagog/innen und Psychater/innen beispielsweise unterschiedliche Ansichtsweisen haben. Und so kommt es dann zu diesem Wirrwarr der Begrifflichkeiten.

Kann man sagen, dass Legasthenie und Lese-Rechtschreib-Schwäche das gleiche sind?

In der deutschen Diskussion besteht bei vielen Fachleuten mittlerweile eine große Hemmung das Wort „Legasthenie“ überhaupt noch zu benutzen. Dieses wird nämlich mit bestimmten Annahmen in Verbindung gebracht, die mittlerweile als veraltet gelten. Eine dieser Annahmen ist beispielsweise, dass Legasthenie eine Krankheit oder als Schicksal vererbbar sei. Daher sprechen diese Fachleute dann lieber von einer Lese-Rechtschreib-Schwäche bzw. – Schwierigkeiten. Wenn man nun aber einen Blick nach Österreich wirft, ist es zum Beispiel schon wieder ganz anders. Dort sagt die Mehrheit Legasthenie und meint damit dann auch etwas, was man hier als Lese-Rechtschreib-Schwäche bezeichnen würde. Genau das sind diese Dinge, die einen so verwirren können. Eltern und Lehrkräfte müssen sich also von den ganzen Lernschwäche-Begriffen nicht verrückt machen lassen, es ist nur wichtig zu wissen, dass Fachleute mit verschiedenen „Brillen“ auf das Thema schauen.

Hat mein Kind eine Lernschwäche oder ist es etwa nicht intelligent genug?

Es gibt relativ viele Kinder, die ohne allgemeine Probleme im Lernen zu haben und im Intelligenztest einen normalen IQ erreichen, Schwierigkeiten sowohl beim Lesen und Schreiben, als auch beim Rechnen aufweisen. An dieser Stelle beginnt ein erneutes Begriffs-Wirrwarr. Im Feld der sogenannten Lese-Rechtschreibstörung und Rechenstörung betrachtet man in der Forschung Kinder, die in einem gewissen Maße vom Durchschnitt des Lesen-, Schreiben- und Rechnen-Können abweichen, ohne, dass man dies durch etwa eine geminderte Intelligenz erklären kann. Leider ist es so, dass ungefähr ein Drittel der Kinder, die eine Lese-Rechtschreib-Störung haben auch eine Rechenstörung haben. Natürlich ergeben sich daraus auch praktische Probleme, da gerade bei dieser Gruppe der Kinder der Verdacht aufkommen kann, dass wenn sie weder Lesen und Schreiben noch das Rechnen gut lernen können, vielleicht einfach eine allgemeine Leistungsschwäche  vorliegt.

Somit stellen sich Eltern nicht selten die Frage, ob sie ihr Kind vielleicht einfach nur überfordern und zu viel erwarten. An dieser Stelle ist jedoch Entlastung zu schaffen, denn aus Sicht vieler Fachleute stehen Schwierigkeiten im Lesen Schreiben und Rechnen, sowie wir sie gerade beschrieben haben, nur in einem sehr geringfügigen Zusammenhang mit der Intelligenz. Das heißt Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche oder Rechenschwäche können sowohl hochintelligent, durchschnittlich intelligent als auch weniger intelligent sein.

Woran erkenne ich eine Lese-Rechtschreib-Schwäche und eine Rechenschwäche?

Bei einer Rechenschwäche fällt den Eltern sehr häufig auf, dass das Kind lange braucht, um relativ einfache Aufgaben lösen zu können wie beispielsweise 25 + 17 . Ihnen mag auch auffallen, dass das Kind diese Aufgaben durch Zählen löst, eventuell unter Zuhilfenahme der Hände. Auch kann sein, dass das Kind große Schwierigkeiten hat am eigenen Körper links und rechts zu unterscheiden. Ferner mag den Eltern auffallen, dass ihr Kind vermeindlicherweise verstanden hat, wie etwas gerechnet wird, am nächsten Tag aber doch wieder große Unsicherheiten herrschen. Um eine Diagnose fällen zu können, ist es jedoch wichtig den Entwicklungsstand des Kindes zu berücksichtigen, auch wie alt es ist und welche Schulart es besucht. Man kann pauschal sagen, dass ein Kind, welches in der 1. Klasse zählend rechnet unauffällig ist. Sollte das Kind noch in der 4. Klasse zählend rechnen, so gilt es höchstwahrscheinlich als auffällig.

Zum Thema Lesen und Schreiben gibt es ebenfalls Indizien, die Eltern häufig auffallen. Das ist zum einen das sehr stockende, wenig flüssige Lesen. Das kann sich im Extremfall so äußern, dass Buchstaben zusammengesammelt werden aber das Kind nach mehrmaligen Versuchen diese nicht zu einem sinnhaften Wort verbinden kann und dann nicht selten entnervt und frustriert abbricht. Bei den älteren Kindern sind solche ganz großen lesetechnischen Probleme dann häufig überwunden, jedoch stellt man fest, dass nach dem Lesen eines kurzen altersgerechten Textes das Kind nicht abrufen kann, was es eigentlich gerade gelesen hat.

Im Bereich Schreiben sieht man bei den jüngeren Kindern beispielsweise, dass Laute, die man eigentlich hört nicht aufgeschrieben werden. Auch kommt es vor, dass sie Buchstaben oder auch die Reihenfolge von Buchstaben vertauschen. Bei Älteren sind diese Probleme oft wieder überwunden und dann stellt man aber fest, dass ein Kind in der 7. oder 8. Klasse praktisch noch überhaupt kein Bewusstheit für Regeln beim Schreiben hat, welche die Verschriftung steuern.

Wie läuft eine Diagnostik ab?

In den Duden Instituten für Lerntherapie ist es so, dass eine informelle Diagnostik stattfindet. Diese ist vergleichbar mit dem, was auch die Lese-Rechtschreib-Fachkräfte und Rechenschwäche-Fachkräfte in den Schulen oft tun. Das heißt man bearbeitet mit den Kindern Aufgaben, über die man sich dann unterhält. Aus diesem diagnostischen Prozess wird abgeleitet, welche Kenntnisse die Kinder schon haben und über welche Strategien sie schon verfügen und was ihnen schon bewusst ist. Diese Art von Diagnostik hat den Vorteil, dass man daraus sehr gut einen Förder- oder Therapieplan ableiten kann. Eine andere Art von Diagnostik ist die standardisierte Diagnostik, die mit Testverfahren arbeitet. Diese wird zum Beispiel bei einer Psychiater/in oder einer Schulpsycholog/in durchgeführt.

Hierbei ist die Fragestellung oft nicht: „wie muss der Plan aussehen mit dem dem Kind jetzt perfekt geholfen werden kann“, sondern eher, ob ein Kind objektiv betrachtet eine bestimmte Grenze von Auffälligkeit überschreitet. So kann man zum Beispiel die Entscheidung treffen, ob dieses Kind eine Förderung erhalten soll, die beispielsweise vom Jugendamt finanziert wird oder nicht. Beide Arten von Diagnostiken haben ihren Sinn und ihren Platz im Förderprozess. In den Duden Instituten wird, wie beschreiben, nur diese informelle Diagnostik durchgeführt. So kann ein individuell zugeschnittener Therapieplan erstellt werden.

Möchten Sie mehr zu den genannten Themen erfahren? Dann freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme im Duden Institut für Lerntherapie in Aachen. Gerne vereinbart unser Ansprechpartner mit Ihnen ein unverbindliches Beratungsgespräch.

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